Ostereier-Suche auf vier Rädern
17. April 2025 Von Frank Wald
Ein Großmeister der versteckten Easter Eggs ist Jeep. Die US-Marke ist quasi der Osterhase unter den Autobauern. Seit über 20 Jahren verstecken die Designer in fast jedem Modell kleine Design-Spielereien – jedes Mal neu, jedes Mal anders. Im Jeep Compass etwa grüßt ein kleiner Gecko unterhalb der Windschutzscheibe oder eine kleine Schlange auf der Innenseite der Heckscheibe. Der Renegade wartet mit einer freundlichen Spinne im Tankdeckel auf, die ein gut gelauntes „Ciao Baby!“ verlauten lässt. Und wer den neuen Elektro-Jeep Avenger fährt, kann auf Safari nach einem Marienkäfer gehen, der sich auf der Dachleiste eingenistet hat. Und am Rand der Frontscheibe blickt ein Sternengucker, inspiriert vom abenteuerlustigen Sohn des Chefdesigners, in den Himmel. Auch der ikonische Seven-Slot-Kühlergrill, Markenzeichen aller Jeep-Modelle, taucht gerne mal versteckt als Miniaturgrafik im Innenraum auf.
Mindestens genauso traditionsreich ist die „Hai-Geschichte“ bei Opel. Deren Enstehung erzählt man sich in Rüsselsheim wie folgt. An einem Sonntagnachmittag im Jahr 2004 zeichnete der damalige Designer Dietmar Finger zuhause an der Gestaltung eines Handschuhfachs für den Opel Corsa, genauer, an der eher unspektakulären Außenwand des Handschuhfachs, die ohnehin die meiste Zeit von der geschlossenen Beifahrertür verdeckt wird. Die Herausforderung: Beim Aufklappen des Fachs muss diese Wand für Stabilität sorgen, was mit in die Kunststofffläche integrierten Querrippen gelingt. Als der Designer mitten in seinem Entwurf ist, schaut sein Sohn auf die Skizze und fragt: „Papa, warum zeichnest Du nicht direkt einen Hai?“ Warum eigentlich nicht? – denkt sich Dietmar Finger und gibt den Streben die Form eines Hais. Am nächsten Tag zeigt er das Haifisch-Profil dem damaligen Corsa-Chefdesigner Niels Loeb. Dieser ist von dem Einfall begeistert – und der Hai im Handschuhfach geht in Serienproduktion.
Seitdem wimmelt es bei Opel-Modellen nur so von kleinen Haien. Im Corsa verstecken sie sich unter der Gummimatte der Mittelkonsole, im Crossland schwimmen sie durchs Handschuhfach, im Insignia grinsen sie aus dem Becherhalter und im neuen Grandland verstecken sich gleich mehrere der räuberischen Meeresbewohner an der Heckklappe, in der Mittelkonsolen sowie gegenüber der induktiven Smartphone-Ablage. So ist ein echter Kult entstanden. Jeder Interior Chief Designer sorgt seit Mitte der 2000er dafür, dass er am Ende des Entwicklungsprozesses irgendwo im Innenraum mindestens einen Hai unterbringt. Wo sie platziert sind, wird vorher selbst der Führungsriege nicht verraten. So bleiben die Haie oft bis zum Launch eines Autos unentdeckt.
Auch die sonst so nüchternen Schweden von Volvo lassen es sich nicht nehmen, mit subtiler Ironie kleine Easter Eggs einzubauen. Im SUV-Flaggschiff XC90 etwa versteckt sich eine freundlich dreinschauende Spinne samt Netz unter dem Deckel eines Ablagefachs – mit großen Kulleraugen, damit die Kinder auf der Rückbank keinen Schreck kriegen. Beim Elektro-SUV EX30 wiederum zeigt der Hersteller, der seit fast 15 Jahren zum chinesischen Geely-Konzern gehört, Nationalstolz und verewigt die Silhouette eines Elchs – dem vielleicht ikonischsten Tier Skandinaviens – an mehreren Stellen des Fahrzeugs. So wird selbst das Frunk-Deckelchen zur Spielwiese für skandinavisches Understatement.
Auch die Italiener von Fiat setzen auf Heimatliebe: Im 500e etwa finden sich die Skyline von Turin. Und das klassische Fiat-Design des Ur-Modells findet sich als Relief in den Ablageflächen wieder und erinnert an die Geschichte des kleinen Stadtflitzers.
Jaguar bleibt dem Namen treu – und so schleichen sich beim E-Pace auf der schwarzen Umrandung der Windschutzscheibe eine Jaguar-Mutter samt Nachwuchs ins Sichtfeld des Fahrers. Eine Anspielung auf die Modellfamilie, in der der E-Pace quasi das „Baby“ des größeren F-Pace darstellt.
Im Subaru Forester schließlich haben gleich mehrere Spezies ihre Spuren hinterlassen. Während Pfotenabdrücke auf den hinteren Türverkleidungen auf tierische Mitfahrer hinweisen, finden sich vorne menschliche Fußspuren. Und auch ein Kolibri ist an der Frontscheibe und dem Panoramadach zu sehen – als Anspielung auf die leichtfüßige Offroadfähigkeiten des neuen SUV, das bei Bedarf sogar rückwärts „fliegen“ kann.
Keiner aber treibt die Easter-Egg-Spielerei so weit wie Tesla. Hier sind es jedoch weniger die physischen, sondern die digitalen Gimmicks, die per Software-Update auftauchen und oft an Filme oder Motive der Popkultur angelehnt sind. So verwandelt sich das Fahrzeug-Icon auf dem Bordmonitor des Model S mit geheimen Codes und Tastenkombinationen schon mal in den schwimmenden Lotus aus dem Bond-Film „Der Spion, der mich liebte“ – das Code-Passwort dafür? Natürlich 007. Oder der Bildschirm zeigt die Regenbogenstraße aus dem Computerspiel „Mario Kart“, wenn der Autopilot aktiviert wird. Und es wäre kein Musk-Auto, wenn sich in der Kartennavigation die Erde nicht auch durch eine Marsoberfläche ersetzen ließe.
Ein Klassiker für alle Tesla ist das imaginäre Furzkissen, das sich in akustischen Modulationen („Von Sinnen-Furz“, „Hosenzerreißer“, „Falcon Heavy“, „Neurastink“, Fürzchen“) auf jeden Insassenplatz, aber auch beim Blinken oder auf Tastendruck aktivieren lässt. Ein weitere Albernheit ist der Santa-Modus, bei dem durch die Spracheingabe „HoHoHo“ das eigene Auto in der Echtzeit-Bildschirmanimation als Santa-Claus-Rentierschlitten und die umgebenden Autos als Rentiere dargestellt werden. Passend dazu ertönen „Jingle Bells“ beim Blinker setzen. Für die ganz große Bühne sorgt jedoch das Model X: Nach Eingabe des Codes „Holiday“ startet eine Licht- und Türenshow, bei der sich das Fahrzeug zur rollenden Discokugel verwandelt.
Egal ob analog oder digital – Easter Eggs im Auto zeigen, dass hinter dem nüchternen Technikdesign auch Menschen mit Humor, Kreativität und Liebe zum Detail stehen. Sie machen das Auto zu einem persönlichen Begleiter, stiften Identität und machen den Alltag auf der Straße ein Stück bunter. Wer also das nächste Mal in seinen Wagen steigt, sollte sich einmal genauer umsehen. Vielleicht lauert ja unter der nächsten Gummimatte ein Hai oder ein lächelnder Marienkäfer. (aum)
Opel Grandland Electric.
Photo: Autoren-Union Mobilität/Opel
Easter Egg: Hai-Alarm im Opel Grandland.
Photo: Opel via Autoren-Union Mobilität
Easter Egg: Hai-Alarm im Opel Grandland.
Photo: Opel via Autoren-Union Mobilität
Easter Egg: Hai-Alarm im Opel Grandland.
Photo: Opel via Autoren-Union Mobilität
Easter Egg: Hai-Alarm im Opel Grandland.
Photo: Opel via Autoren-Union Mobilität
Opel Astra Sports Tourer.
Photo: Autoren-Union Mobilität/Opel
Kult-Easter-Eggs: Auch im Opel Astra Sports Tourer lauern wieder die Haie.
Photo: Opel via Autoren-Union Mobilität
Kult-Easter-Eggs: Auch im Opel Astra Sports Tourer lauern wieder die Haie.
Photo: Opel via Autoren-Union Mobilität
Jeep Avenger.
Photo: Autoren-Union Mobilität/Frank Wald
Easter Egg im Jeep Avenger: Sternengucker in der Frontscheibe.
Photo: Frank Wald via Autoren-Union Mobilität
Volvo EX30.
Photo: Volvo via Autoren-Union Mobilität
Easter Egg: Elch-Motiv im Volvo EX30.
Photo: Volvo via Autoren-Union Mobilität
Easter Egg: Elch-Motiv im Volvo EX30.
Photo: Volvo via Autoren-Union Mobilität
Easter Egg: Elch-Motiv im Volvo EX30.
Photo: Volvo via Autoren-Union Mobilität
Jaguar E-Pace PHEV.
Photo: Auto-Medienportal.Net/Frank Wald
Easter Egg im Jaguar E-Pace: Jaguar-Mutter plus Nachwuchs in der linken unteren Ecke der Frontscheibe.
Photo: Frank Wald via Autoren-Union Mobilität
Fiat 500e.
Photo: Autoren-Union Mobilität/Fiat
Easter Egg: Turiner Skyline im Fiat 500e.
Photo: Stellantis via Autoren-Union Mobilität
Subaru Forester.
Photo: Autoren-Union Mobilität/Frank Wald
Subaru Forester.
Photo: Subaru via Autoren-Union Mobilität
Tesla Model Y.
Photo: Autoren-Union Mobilität/Frank Wald
Tesla Model Y, Infotainment-Spielereien.
Photo: Autoren-Union Mobilität/Frank Wald
Tesla Model Y, Infotainment-Spielereien.
Photo: Autoren-Union Mobilität/Frank Wald
Tesla Model Y, Infotainment-Spielereien.
Photo: Autoren-Union Mobilität/Frank Wald